Vom Testen und testen lassen

Diesen Beitrag möchte ich eigentlich gar nicht schreiben. Andererseits passt er vielleicht auch gerade gut zur Diskussion bei Nutriculinary: Blogs und Werbung und das große Missverständnis von Social Media als kostenloser Werbefläche und Bloggern als tumbe, gefräßige Masse.

Vielleicht vorweg: Der Kekstester stellt Kekse vor und er testet natürlich Kekse. Selbst gebackene und deren Rezepte ebenso wie im Laden oder in der Bäckerei erhältliche. Er behält sich dafür Unabhängigkeit, eigene Maßstäbe sowie einen eigenen Stil vor.

Dementsprechend lässt er sich weder das Testergebnis, ebenso wenig aber die Herangehensweise oder den Aufwand vorschreiben. Schon gar nicht lässt er sich als kostenlose Werbeschleuder benutzen, wie das die folgende Mail eines Praktikanten eines österreichischen Süßwarenherstellers mit einer Dreistigkeit einforderte, die – zumindest in meinem Posteingang – bis dato ihres Gleichen sucht:

Liebe Testerinnen und Tester,

da wir vor kurzem unser neues Studentenfutter herausgebracht haben, stellen wir diese zum Testen zur Verfügung.
Unsere bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass oft keine richtigen Tests gemacht werden sondern nur Texte aus dem Internet „wiederverwertet“ werden. Diese Copy&Paste-Tests sind nicht das, was wir wollen.
Wir werden daher nur mehr an jene Tester Proben versenden, die wirklich selbst testen.
Wir wollen, dass die Tester folgenden Merkmalen besondere Aufmerksamkeit schenken:
· Packungsdesign und Erscheinungsbild
· Geschmack, Geruch, Aussehen, Konsistenz
· Neuigkeitswert
· Preis/Leistung
Am liebsten ist uns, wenn Ihr diese Merkmale mit Punkten bewertet
(1 bis 5, 1 = sehr schlecht, 5 = sehr gut).

Weiter interessieren solche Angaben:
· Vergleich mit ähnlichen Produkten (Mitbewerb)
· Verwendungsmöglichkeiten
Wer diese Kriterien erfüllen kann und will, soll sich bitte bei uns melden.
Bilder der Produkte (Packshots) stellen wir digital zur Verfügung.
Wir werden dann 10 Tester auswählen, die ein Probepaket von uns erhalten.

Bevorzugt werden Tester, die
– Bilder der offenen Produkte selbst machen und online stellen,
– einen Beitrag zu dem Test bei youtube hochladen oder
– mit etwas anderem originell auffallen.

Bitte um Rückmeldung bis spätestens Donnerstag, 24. März 2011, 18 Uhr.

12 Replies to “Vom Testen und testen lassen”

  1. “Das große Missverständnis von Social Media als kostenloser Werbefläche und Bloggern als tumbe, gefräßige Masse.” ein treffender Satz. Vor allem wenn ich sehe, worauf sich Blogger auch noch freiwillig darum streiten.

    Ich teste auch ab und zu, doch nur, wenn ich das Produkt wirklich haben möchte. Manchmal bekomme ich auch Anfragen bei denen ich denke, ob die noch alle Tassen im Schrank haben. Darauf antworte ich schon gar nicht mehr. Ich denke, am authentischsten ist es immer noch, über ein Produkt/Dienstleistung zu schreiben, was man sich selber ausgesucht bzw. wo man das Bedürfnis hat, darüber zu schreiben.

  2. Ich bin sprachlos, was für eine Geschichte, das ist schon dreist hoch drei. Mir gingen neulich ungefragt 1 kg Erdnüsse mit Schale zu, anonym versand, mit einer Farbkopie auf der nur der Name meines Blogs stand. Gruselig, ich hab alles sofort weggeworfen. Einige Tage später dann, die Auflösung: eine lustige Aktion eines Erdnussherstellers mit eher subtilem Humor.
    Schön auch die Einladung an die “Liebe Frau Paulsen”, doch mal mit Margarine zu kochen. Da merkt man: die lesen die Blogs überhaupt nicht.

  3. @Ulrike, da bekommt man wahnsinnig Lust auf die Produkte, nicht?

    @Jana, oh ja, mitunter wundert man sich sehr. Höflichkeit und Respekt sind nicht per se zu erwarten. Aber ein schönes Polaroid-Projekt hast du da gerade laufen!

    @Herr Paulsen, sprachlos war ich auch, und dann ging diese Mail auch noch an 70 andere Blogger – BCC respektive Datenschutz-Standards waren dem Absender also auch noch nicht bekannt. Und Ihre Erfahrung hat mir jetzt auch noch Erdnüsse madig gemacht, die ich bislang eigentlich gern mochte.

  4. Ich schließe mich Stevans Sprachlosigkeit an. Aber dann fällt mir doch etwas ein. Wenn es nicht so … wäre, könnte man humorvoll dem Absender einen Link für einen Fortbildungskurs Social Media vorschlagen. Erstaunlich, dass Blogger unbesehen als wenig intelligent behandelt werden.

  5. Ich muss mich echt wundern. Ich hab diese Erdnuss-Paket auch bekommen und hab mich richtig geärgert. Ehrlich gesagt nicht so sehr als angesprochener Blogger, vielmehr als ein Verantwortlicher der Social Media eines Unternehmens.

    Immer wenn so eine hirnrissige Aktion an irgendeinem Stammtisch entworfen wird, ist das ein Beleg für die Unwissenheit, das Unverständnis und die Arroganz mit der Social Media Beauftragte in oder für Unternehmen agieren.

    Das hat eine ähnliche Kompetenz wie: “Wir machen das mit den Fähnchen.”

    Ich habe noch immer die Hoffnung, dass diese Leute irgendwann mal Ihren gesunden Menschenverstand benutzen und anfangen anderen Menschen zuzuhören. Aber ich befürchte die Menschen die Erdnuss-Pakete verschicken, machen vieles, aber Blogs lesen gehört sicher nicht dazu…

  6. Das wäre mal eine schicke Meta-Ebene: Social-Media-Berater-Berater :-) Nene, ich mach das lieber selber für Hörbücher und koch so ein bisschen vor mich hin.

  7. Eine ähnliche Diskussion gabs vor kurzem in den Bücherblogs. Dort scheint es so zu sein, dass immer mehr Leute scheinbar ausschließlich (kostenlose) Rezensionsexemplare von Verlagen einfordern, diese natürlich auch bekommen und dann darüber bloggen. Das Ergebnis ist dann, dass überall die gleichen Bücher mit ähnlichen Besprechungen auftauchen. Ich habe aufgehört, solche Blogs zu lesen, habe davon nur am Rande mitbekommen, aber es machte schon ziemlich die Runde.
    Man kriegt natürlich auch ab und zu Mails von Verlagen, aber ich fordere nur Rezensionsexemplare an, wenn mir das Buch wirklich zusagt. Wieso sollte ich was lesen, was mich nicht interessiert (oder was alle lesen), bloß weil ich das Buch kostenlos bekomme? Das will mir nicht in den Kopf.
    Also, liebe kulinarische Blogger: Ihr seid nicht alleine! ;)

  8. So wie die Mail oben klang, könnte man erwarten dass drin steht, “für Ihre Aufwendungen erhalten Sie eine einmalige Pauschale von 500 EUR”.

    Oder warum sollte man sowas sonst machen? Mit youtube-Video usw. für ein paar Süßigkeiten, ja wieviel Zeit kostenlos soll man denn für so eine Werbeaktion verwenden – leben die komplett hinter dem Mond???

  9. @Paul, verstehe. Dann freu ich mich über das erste Hörbuch über einen Abend in deiner Küche :)

    @Julia, der Intentionen gibt es bestimmt viele und viele versteht man nicht. (Falsche) Erwartungen auch. Respekt ist aber nie fehl am Platze – egal was man sich erhofft.

    @Barbara, warum, das ist die Frage. Bisher kam noch keine Entschuldigung, also werden ausreichend “Bewerbungen” eingegangen sein.

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